Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil XI

Plot:

Als die Stewardess Nicole die ältere Dame in der Business Class erblickt, keimt in ihr unwillkürlich die Frage auf, welch ein Schicksalsschlag womöglich dazu geführt haben mochte, dass der elegante und stolze Glanz dieser Frau von so viel Verbitterung überschattet wird…

Mrs. Grudges Herz schlägt für die Mode. Ihr erster umgesetzter Entwurf, ein rotes Abendkleid, schenkt ihr auf dem Abschlussball die Liebe zu Gregor, mit dem sie schon bald zusammenzieht. Doch ihre beiden Leben wollen einfach nicht zusammenpassen. Als Mrs. Grudge feststellt, dass sie schwanger ist, verlässt Gregor sie, ohne zu ahnen, was er hinterlässt.

Mrs. Grudge entscheidet sich für ihre Stoffe und gegen das Kind. Als ihre Schwester ihr erstes Kind bekommt, spürt Mrs. Grudge nur die Leere in ihrem eigenen Herzen, die sie versucht, mit ihren Stoffen und Entwürfen zu füllen.

Unerwartet lernt sie Ludwig, einen der Lehrer, plötzlich näher kennen, als er ihre Kleiderskizzen entdeckt. Ihre Entwürfe und seine Begeisterung dafür bringen ihre Herzen schließlich zusammen. Mit Ludwigs Unterstützung rücken alle Träume, die Mrs. Grudge seit dem Schneidern des roten Kleides hatte, in greifbarer Nähe.

Doch dann stellt das Schicksal sie erneut vor eine dramatische Entscheidung…

 

Teil XI

Die kommenden Wochen entpuppten sich wohl als die schönsten in Mrs. Grudges Leben. Alles fügte sich wie Puzzleteile zu einem harmonischen Bild zusammen. Ihre Ausildung und die Zwischenprüfungen liefen erfolgreich, nicht zuletzt dank der ständigen Wärme, die sie verspürte, sobald sie Ludwig erblickte. Die anderen Komilitonen begegneten ihr mehr und mehr mit Distanz. Ihre Beziehung zeigten Mrs. G und Ludwig zwar nie öffentlich, doch die Gerüchteküche brodelte und die Blicke, die sie immer wieder austauschten, entgingen den anderen nicht. Doch das störte Mrs. G in keinster Weise.

Dank  Ludwig konnte sie sich an neuen, spannenden Stoffen ausprobieren. Er besorgte ihr edlen Satin und feine Spitze, die sie in ihren besonderen Kleiderentwürfen verarbeitete. An einem besonders warmen Tag im April stellte er sie einer potentiellen Kundin vor, die in Berlin eine Boutique führte und immer auf der Suche nach neuen, modernen Inspirationen für ihre erlesene Kundschaft war. Ludwig kannte sie schon seit seiner Ausbildung und pflegte eine enge Freundschaft zu der Dame. Sie zeigte sich im höchsten Maße begeistert von Mrs. Gs Entwürfen und bot ihr an, einige ihrer Modelle in ihrem Geschäft ihren Stammkundinnen vorzuführen. Mrs. G konnte den Stolz in ihrem Herzen kaum greifen.

Ludwig führte sie nach wie vor gerne abends aus, zeigte ihr viele einzigartige Ecken Potsdams und Berlins, die sie wohl so nie im Leben kennengelernt hätte. Auch begann er ihr einige seiner besten Freunde vorzustellen, sodass sie immer tieferen Einblick in die Modewelt fand. In ihrem Kopf überschlugen sich die Vorstellungen über die Möglichkeiten, die sich da für ihre berufliche Zukunft offenbarten.

Ihre private Zukunft nahm wie selbstverständlich ebenfalls feste Konturen an. Für Ludwig schien es selbstverständlich, dass sie nun zu seinem Leben, zu seinem Alltag gehörte. Über das Thema Kinder hatten sie bisher nicht gesprochen, doch Mrs. G hatte auch kein Verlangen danach. Es fühlte sich derzeit alles richtig an, wie es war. Diese dunkle Wolke in ihrem Herzen wollte sie nicht wieder aufschrecken.

Sie explodierte jedoch förmlich, als ihre Schwester plötzlich vor ihrer Tür stand.

„Auf meine Nachrichten hast du nie reagiert“, sagte Marie, mit klein Amelie auf dem Arm. Wobei Amelie nicht mehr klein war. Mit ihrem blonden Zopf und dem Jeanskleid, aus dem zwei lange Beine heraus schauten, wirkte sie schon wie ein richtiges kleines Mädchen.

„Ich wollte dir die Einladung für Amelies ersten Geburtstag persönlich in die Hand drücken“, fuhr ihre Schwester fort. „Damit sie auch wirklich bei dir ankommt.“

Ein rosafarbener Briefumschlag landete in Mrs. Gs Händen.

„Ich erwarte, dass du kommst!“ Mit einem eindringlichen Blick bohrte sich diese Ansage in Mrs. Gs Kopf hinein. Dann drehte sich Marie wieder um und verschwand.

Zurück blieb ein großes Loch im Puzzle, das den Rand nicht abschließen lassen wollte.

 

Der Flieger senkte seinen linken Flügel nach unten, um in Richtung Landebahn einzuschwenken. In Nicoles Kopf kippten ihre Gedanken plötzlich in eine Richtung, wohin Mrs. Grudges Reise am Ende wohl ging.

 

Fortsetzung folgt…

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