Mrs. Grudge und das rote Kleid Teil VIII

So, wir sollten uns allmählich mal dem Ende nähern – ich gebe mein Bestes, versprochen 😉 Das hier bringt uns einen guten Schritt weiter:

Was bisher geschah:

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil I

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil II

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil III

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil IV

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil V

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil VI

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil VII

 

Die kommenden Monate mussten unglaublich hart für Mrs. Grudge gewesen sein, da war sich Nicole sicher. Doch sollte es nicht vielleicht wieder einen Lichtblick am Horizont geben? Ihre Modekreationen liefen doch sicher weiter gut! Irgendeinen Strohhalm braucht jeder Mensch, um jeden Morgen aufstehen zu können.

„Ich bin einfach nur begeistert!“ Ludwig Erhardt wedelte begeistert mit ihrer Mappe vor seinem Gesicht herum und eilte in den Stoffraum hinein. Mrs. G suchte gerade nach einem hellen Samt, mit dem sie die Ränder ihrer neuen Pulloverkreation säumen konnte. Überrascht wirbelte sie herum und blickte ihrem Dozenten in dessen leuchtenden Augen.

„Du solltest ALLE Entwürfe davon umsetzen! Ich will sie alle in den Händen halten!“ Er kam ihr immer näher.

Ludwig Erhardt war langjähriger Dozent und Designer an der Modeschule. Seit dem Herbst saß Mrs. G in seinem Unterricht für besondere Nähtechniken und dem Verarbeiten sensibler Stoffe. Seine wohlige Stimme verbreitete stets eine angenehme Ruhe in Mrs. Gs Herzen, während sie seinen Vorführungen lauschte. Obwohl er allmählich auf die 40 Jahre zuging, wie sie von Schülerinnen aus dem Jahrgang über ihr erfahren hatte, strahlte er mit seinem vollen schwarzen Haar und der makellosen Haut eine große Portion Jugend aus. Gleichzeitig ließ sein voller Bart ihn äußerst reif wirken. Mrs. G fand Männer mit Bart sonst eigentlich grundsätzlich unattraktiv, aber Ludwig…

Sein Unterrichtsstil war frisch und lebendig. Ihm lag viel daran, dass seine Schüler das eben Gelehrte sofort selber ausprobierten. Mrs. G legte offenbar ein äußerst feines Geschick an den Tag, was den Umgang mit den edlen Stoffen betraf, sodass Ludwig sehr oft ihre Ergebnisse als gekonntes Beispiel hervorhob. Außerdem hatte sich die Gewohnheit eingeschlichen, dass er ihrem Talent zur heimlichen Perfektion verhalf, indem er ab und an ihre Hände mitführte, während sie den Stoff unter der Nadel der Nähmaschine gleiten ließ. Mrs. G fühlte sich zutiefst geehrt. Die Blicke der Mitschülerinnen interessierten sie dabei herzlich wenig.

Nun stand er mit ihrer Mappe vor ihr, die sie aus Versehen im Unterrichtsraum liegen gelassen hatte, weil ihre Gedanken schon zu sehr um den Samtstoff gekreist waren. Die Mappe, die sie seit ihrem ersten Tag an dieser Schule begleitete. Ludwig hatte es gewagt, einfach hinein zu sehen. Und sie dankte ihm innerlich dafür. Eigentlich hatte sie ihm die Entwürfe schon längst einmal zeigen wollen, sich jedoch bisher noch nicht getraut. Ludwig musste dies gespürt haben.

So wie er auch stets das Zittern in ihren Händen spürte, wenn er sie wieder einmal an der Nähmaschine führte…

Mrs. G bemerkte, dass ihre Wangen ein zartes Rosa annahmen und schlug verlegen die Augen nieder.

„Das ist mein voller Ernst, Liebes“, bekräftigte Ludwig seinen Wunsch. „Ich sollte fast sauer auf dich sein, weil du mir diese Entwürfe bisher vorenthalten hast!“ Er zwinkerte ihr zu.

„Ein Kleid davon gibt es wirklich schon“, antwortete Mrs. Grudge und zeigte dabei auf die Mappe. Das Feuer in seinen Augen flammte noch mehr auf.

„Wirklich?! Wo?“

„Bei mir zu Hause.“

Ludwigs Arme sanken langsam nach unten und sein Blick fokussierte den ihren.

„Was hältst du davon, wenn ich dich Freitag Abend zum Essen ausführe und wir reden dabei über meine geplante Modenshow kommenden Frühjahr.“

Mrs. Grudge bekam große Augen.

„Ich hole dich ab und du kannst mir dein Kleid zeigen.“

Die Luft zum Antworten blieb ihr weg, sodass sie zunächst nur nickte.

„Welche Uhrzeit wäre dir denn recht?“ Seine Stimme war leiser geworden. So wohlig.

Sie knetete unbewusst an einem Stück Stoff herum, das aus dem Regal hing. „18:30Uhr wäre perfekt.“

„Wunderbar!“ Er strahlte sie mit seinen brennend grünen Augen an.

Nicole fühlte sich leichter, obwohl sie soeben die Reiseflughöhe verlassen hatten. Es war Zeit für eine letzte Getränkerunde in der Business Class. Dabei fiel Nicole auf, dass sie bisher noch gar nicht darauf geachtet hatte, was Mrs. Grudge da eigentlich für ein Buch las.

Es schien ein historischer Roman zu sein, vom Cover her zu urteilen. Nicole spürte eine leichte Enttäiuschung durch ihre Adern fließen. Was genau hatte sie denn erwartet? Einen Mode-Bildband? Sie wusste es nicht. Da fiel ihr auf, dass die Frau auf dem Coverbild ein Kleid trug – ein rotes Kleid.

 

Fortsetzung folgt… (dieses Mal in kürzeren Abständen als die letzten Male, versprochen!)

Abends halb 10…

… lassen sich nach einem chaotischen Tag voller Einkaufen, Rumfahrerei und Kinderbespaßung – untermalt von dem dauerhaften Klang des prasselnden Regens und des kalten Februarwindes – doch tatsächlich noch ein paar brauchbare Zeilen schreiben!

 

Man muss es nur schaffen, den Laptop einmal hochzufahren und das Dokument zu öffnen. Dann rollt es fast schon von alleine los 🙂

Und tagsüber die Zeit nebenbei einfach nutzen, die nächste zu schreibende Szene schon einmal gedanklich durchzuspielen. Dann kommen die Wörter fast wie von alleine.

 

Das ist doch mal ein gelungener Abschluss von einem vollen Tag! Das wollte ich gerne noch festhalten 🙂

Falsches Motivationsmanagement im Kopf

Es ist etwas ruhig hier geworden – leider! Woran das liegt? Meine Energie- und Motivationsschübe fallen derzeit leider in keinster Weise mit meinen freien Zeiten zusammen. Das frustriert.

 

Momentan nimmt micht der Familienalltag enorm ein. Eigentlich finde ich nur abends nach 20Uhr endlich ein paar Minuten nur für mich. Blöd nur, dass meine Energie dann absolut aufgebraucht ist und die Kraft derzeit nur noch dafür ausreicht, die Sofakissen bequem unter den Kopf zu schieben.

 

Vormittags und mittags hingegen, wenn mein Beruf all meine Zeit und meine Aufmerksamkeit erfordert, springen immer wieder kreative Gedankengänge in meinem Kopf herum und flüstern mir zu:

Los, diese Szene wolltest du doch endlich schreiben!

Komm, eigentlich sprudelt seine Seele vor Freude, endlich wieder ein neues Kapitel zu beginnen!

 

Manchmal ist es echt schwer, diesem leisen Flüstern zu widerstehen 🙂

 

Nur komme ich so leider überhaupt nicht weiter – und je mehr Frust sich darüber aufbaut, desto mehr wird auch die Motivation verdrängt. Ich brauche dringend mal wieder ein paar produktive Schriftstellertage! Es wird wirklich Zeit für einen gut investierten Urlaubstag!

 

So, das musste ich mir jetzt mal schreiben – so als kleiner Motivationsversuch 🙂

 

Eure Katharina

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil VII

Weiter geht’s!

Was bisher geschah:

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil I

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil II

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil III

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil IV

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil V

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil VI

 

Nicoles Gedanken kreisten um die eine Frage, während sie die Essensreste entsorgte: was geschah mit dem Kind, dass Mrs. G unter ihrem Herzen trug?

 

Zwei Wochen, nachdem Gregor ausgezogen war, bekam Marie ihr Kind. Es war ein Mädchen. Mrs. G hatte sich immer ein Mädchen gewünscht. Das Telefon klingelte abends halb 8, als sie gerade die Küche auf Hochglanz polierte. Sie würde in ein paar Tagen umziehen und wollte alles in bestem Zustand hinterlassen. Ihre Mutter übermittelte neben all der überschwänglichen Begeisterung auch einige Informationsfetzen durch den Hörer herüber: um 17:36Uhr kam Amelie nach neun Stunden Wehen auf die Welt. Sie war zierlich und hatte einen dunklen Haarflaum und wäre ganz, ganz unglaublich süß. Ihre Mutter war direkt nach dem Anruf ins Krankenhaus gefahren. Wann Mrs. G denn wohl vorbei schauen wolle?

Mrs. G sortierte zunächst die Menge an Informationen in ihrem Kopf. Dann antwortete sie: „Morgen.“

Die Nacht verbrachte sie mit vielen wachen Stunden. Mrs. G fielen Tausend andere Dinge ein, die sie lieber täte als ins Krankenhaus zu fahren. Am Morgen wusste sie: es nicht zu tun, kam für eine große Schwester nicht in Frage. Also zog sie sich ein lockeres Sommerkleid mit roten Blumen an, föhnte ihre langen Haare zurecht, legte ein leichtes Rouge auf und machte sich mit Bus und Bahn auf den Weg zum Krankenhaus. Die Fahrt dauerte lange anderthalb Stunden, die Mrs. G damit verbrachte, den aufblühenden Sommer durch die Fensterscheiben zu betrachten.

Als sie schließlich die Türen des Krankenhauses erreicht hatte, blieb sie kurz stehen, atmete tief durch und zog die Schultern zurück, bevor sie eintrat und nach dem Zimmer ihrer Schwester fragte. Auf dem Weg hatte sie noch einen Strauß Blumen gekauft.

Ihre Hand zögerte einen Augenblick, bevor sie an die Zimmertür klopfte.

„Herein!“, erklang Maries gedämpfte Stimme. Mrs. Gs Körper folgte der Aufforderung.

Da lag sie, in dem weißen Bett, mit einem Baby im Arm. Eingewickelt in eine rosa farbene Decke. Die Zimmergenossin bemerkte Mrs. G gar nicht, als sie langsam Richtung Fenster ging.

„Hallo Schwesterherz! Oh, vielen Dank für die Blumen! Da steht noch eine freie Vase auf dem Tisch!“ Mrs. G gehorchte.

Dann begann die Zeremonie. Sie umarmte Marie, beglückwünschte sie zu ihrer Tochter und fragte, ob alles gut verlaufen sei. Aus Maries Mund sprudelten Worte der frisch erlebten Erfahrung der Geburt, untermalt mit bildhaften Beschreibungen. Dann näherten sie sich dem Höhepunkt. Mrs. G hielt ihrer Schwester die kleine Tüte hin, die sie ebenfalls mitgebracht hatte. Mit weit aufgerissenen Augen holte Marie einen kleinen Teddybären hervor. Mrs. G hatte ein Kleidchen für ihn genäht. Zartrosa, mit weißen Punkten. Auf dem Kopf trug der Teddy eine weiße Schleife. Marie brach in Tränen aus.

Schließlich kam DIE Frage: „Möchtest du sie einmal halten? Du musst keine Angst haben!“ Darauf hatte sich Mrs. G anderthalb Stunden vorbereiten können, weshalb sie nur einen kurzen Augenblick zögerte, bevor sie ihre Arme ausstreckte.

So winzig. So weich. So zerknittert. So rosig. So friedlich.

Ein Moment der Ewigkeit verging, als Mrs. G sich in dem Anblick dieses Wunders verlor.

Amelie bewegte sich und Mrs. G zuckte zusammen. Zeit, das Wunder wieder ihrer Besitzerin zurückzugeben.

Drei Stunden später öffnete Mrs. Grudge wieder ihre Wohnungstür. Sie legte ihre Tasche ab, zog die Schuhe aus und begab sich ins Nähzimmer. Dort nahm sie das zerknüllte Kleid, das noch immer auf dem Boden lag und bügelte jede einzelne Falte wieder heraus. Nur ein Blütenblatt war nicht mehr zu retten. Dann rief sie im Krankenhaus an.

Eine Woche später war sie wieder alleine mit ihrem Körper.

 

Nicole war froh, dass die Speisenrunde abgeschlossen war. Ihr selber war gar nicht mehr nach ihrem Sandwich zumute, auf das sie sich so gefreut hatte. Tomate-Mozarella funktionierte eigentlich immer. Die zweite Getränkerunde würde gleich folgen, aber sie brauchte einen kleinen Augenblick Ruhe, um sich auf die erneute Begegnung mit Mrs. G vorzubereiten.

Fortsetzung folgt…

 

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil VI

Oh je, dass die Geschichte doch so lang wird, hatte ich nicht erwartet. Hoffentlich komme ich noch zum Ende, bevor der Flieger gelandet ist 🙂

 

Was bisher geschah:

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil I

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil II

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil III

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil IV

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil V

 

Mrs. G beschloss, den Test zunächst für sich zu behalten und stattdessen den ersten Arztbesuch abzuwarten. Sie wollte erst einmal Klarheit haben, woran sie wirklich war. Ihre aktuell wacklige Beziehungssituation aufgrund von zwei rosa Streifen in Gefahr zu bringen, das war ihr zu heikel.

Die vier Tage bis zum Termin waren die längsten ihres Lebens. Am dritten Abend ging Gregor wortlos aus und kam erst spät in der Nacht wieder. Ihre Gereiztheit sei nicht mehr zu ertragen.

Die Glückwünsche vom Arzt am nächsten Morgen schmiss Mrs. G gleich in die nächste Tonne. Das erste Ultraschallbild jedoch behielt sie zitternd in den Händen. Als Gregor am Abend nach Hause kam, zitterten sie immer noch.

„Wir müssen reden“, sagte Gregor mit ernster Stimme. Ihre Augenbrauen schnellten nach oben.

Zwei Stunden später fiel die Wohnungstür erneut ins Schloss. Die Tritte auf den Treppenstufen verklungen nach einigen Augenblicken. Das laute Pochen von ihrem Pulsschlag in ihren Ohren hielt an.

Er hatte beschlossen zu gehen. Es funktionierte nicht mehr. Ihre Lebensziele waren zu sehr auseinander gedriftet. Auf Arbeit gab es da eine Frau, die würde wahrscheinlich besser zu ihm passen. Er wünschte ihr nur das Beste für ihre Karriere.

Das Ultraschallbild lag noch immer in ihrem Skizzenbuch. Er hatte es nicht zu sehen bekommen.

Mrs. G stand auf, bewegte ihren Körper langsam in ihr Nähzimmer und blieb vor der Puppe mit dem roten Kleid stehen. Eine Weile starrte sie es an. Dann zerrte sie es ruckartig herunter, sodass die Knöpfe am Verschluss abrissen und sich in den Zimmerecken verteilten. Sie schmiss das Kleid auf den Boden, trat mit den Füßen immer und immer wieder danach, nahm es in die Hände und knüllte es zusammen, warf es erneut auf den Boden und schmiss sich schließlich drauf. Ihre Tränen tränkten den zerknitterten Stoff und verliehen dem Kleid einen zweiten Rotton.

 

Nicole musste sich kurz setzen, als sie mit dem Speisewagen wieder vorne ankam. Ihre Kollegin warf ihr einen eigenartigen Blick zu.

„Alles in Ordnung, Nikki?“

Nicole winkte ab. Am liebsten hätte sie ein Fenster geöffnet, um etwas frische Luft zu bekommen. Ein Schluck eiskaltes Wasser musste ausreichen.

 

Fortsetzung folgt…

 

Selbstportrait – Januar 2001

Von meinen Eltern wiedergefunden:

 

Selbstportrait_2001

„Selbstportrait“

 

Auf der Rückseite las ich den von mir dazu verfassten Text, der mich überraschte. Heute würde ich ihn vom Ausdruck her vielleicht teils anders schreiben – aber der Inhalt passt noch immer voll und ganz:

„Auf meinem Bild habe ich einen Sonnenuntergang dargestellt. Unten schwimmt das ruhige, blaue Meer. Am Horizont sieht man die Sonne, wie schon halb untergegangen ist, ihr Spiegelbild glitzert im Ozean. Der Himmel färbt sich immer röter, je weiter man nach oben blickt, bis er im tiefen Schwarz des weiten Weltalls endet. Eine Mondsichel ist zu sehen, auch die ersten Sterne kann man erkennen.

Mein Blick ist ruhig, ich habe ein leichtes Lächeln aufgesetzt. Ich habe mich links unten in die Ecke des Bildes gesetzt, so kommt der unendliche Raum des Alls noch mehr zum Vorschein.

Ich liebe die Astronomie. Ich liebe diese Unendlichkeit, sich um uns befindet. Sie fasziniert mich einfach. Mein ganzes Leben lang träume ich davon, einmal in dieser Schwerelosigkeit zu schweben, nichts und doch so viel Unbekanntes um mich zu haben, zu fühlen.

Warum ich das Meer gemalt habe, hat ähnliche Gründe. Es übt ebenfalls eine große Faszination auf mich aus, das Unerforschte, die Schönheit, die sich unter der blauen Oberfläche befindet. Auch, weil ich das Schwimmen und Tauchen liebe. Die Vielfältigkeit, die die Natur zu bieten hat, ist für mich wunderschön. Deshalb ist mir auch sofort dieses Bild als Hintergrund in den Sinn gekommen. Darin sehe ich meine Träume, meine Wünsche.“

Wie viel „Fantasy“ braucht eine Fantasy Geschichte?

Nun ist Teil I meiner Fantasy-Reihe ziemlich fertig – und plötzlich frage ich mich: habe ich darin überhaupt genug „Fantasy“ verpackt?

 

Als ich die Geschichte anfing zu schreiben, hatte ich beschlossen: Elfen, Zwerge, Drachen, Hexen… das wird es darin nicht geben. Es passte mir einfach nicht ins Bild. Wenn man solche Elemente benutzt, müssen sie auch einen Zweck erfüllen. Ich fand keinen…

 

Doch nun sinniere ich darüber, ob meine Geschichte bzw. die Neugierde des potentiellen Lesers dadurch etwas Abstriche bekommen könnte. Ist genug „Fantasy“ drin, um ausreichend Neugierde über die erdachte Welt zu wecken? Erwartet der Leser vielleicht mehr und wird am Ende enttäuscht?

 

Deshalb werfe ich diese Frage in die Runde: Braucht eine Geschichte auf jeden Fall „die typischen Fantasy-Elemente“, um sich tatsächlich „Fantasy“ nennen zu dürfen?

Mrs. Grudge und ihr rotes Kleid – Teil V

Was bisher geschah:

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil I

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil II

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil III

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil IV

 

Nicole war überzeugt davon, dass etwas Dramatisches geschehen sein musste.

 

Mit zitternder Hand hielt Mrs. G den kleinen, aber vielsagenden Papierstreifen in der Hand. Ihr Herz wusste nicht, ob es sich freuen sollte oder nicht. Eigentlich schon, oder? Aber es kam so unerwartet! Wie hatte das geschehen können? Passte es jetzt überhaupt hinein? Und überhaupt – was würde Gregor dazu sagen?

Ja, das war wohl die Frage, dessen Antwort Mrs. G am meisten fürchtete.

Es lief nicht gut in letzter Zeit. Zu sehr nahmen ihre Arbeiten sie beide ein, was für eine gereizte Grundstimmung daheim sorgte. Schnell stritten sie sich über Kleinigkeiten, geplagt von Müdigkeit und zu wenig Freizeit. Nachts überkam sie beide jedoch oft das Bedürfnis, dem jeweils anderen Wiedergutmachung zu schenken. Währenddessen wuchs Maries Bauch immer weiter – das ständige Strahlen in den Augen ihrer Schwester konnte Mrs. G schon eine Weile nicht mehr ertragen.

Mrs. Gs Augen wanderten wieder auf das kleine Papierchen in ihren Händen, auf die zwei deutlich sichtbaren rosa Streifen. Es war Samstag Morgen um 7 und sie stand alleine im Bad. Gregor schlief noch. Sie versuchte, ihre Gedanken zu sortieren. Zu analysieren, wie das hatte geschehen können.

Da fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Heute war schon Sonntag!

Fassungslos stierte sie auf ihre Pillenreihe im Regal.

Die vergangenen Wochen hatten sie keinen regulären Unterricht mehr gehabt, denn schon bald stand die große Jahresabschluss Show an. Den Schülern wurde die Zeit zur freien Verfügung gestellt, um ihre Entwürfe fertig zu bekommen. Mrs. G hatte zwischen all dem Garn und den Stoffreihen völlig das Gefühl verloren, welcher Wochentag gerade war. Dass Gregor auch ab und an an Samstagen arbeiten musste, war dabei nicht hilfreich.

Völlig unerwartet hatte sich ihr inniger Wunsch durch völlig verdrehte Ereignisse zu einem völlig unpassenden Augenblick erfüllt. Ohne die ersehnte Glückseligkeit, die das Herz erwärmte. Ohne Freudentränen. Ohne Vorfreude auf das, was kommen mochte. Nur Leere. Mrs. G wusste nicht, was sie fühlen sollte.

 

Nicoles Hände zitterten, als sie Mrs. G das Tablett mit dem Essen reichte. Ein dicker Kloß hatte sich in ihrem Hals gebildet, der schmerzvoll drückte, als sie der alten Dame in die stummen Augen blickte.

 

Fortsetzung folgt…

 

Alles hatte einen Anfang…

Lang lang ist es her, dass ich dieses Story-Board erstellte:

Mindmap_Kristalle_1

 

Dies war die Basis für Teil I von meinem Fantasy-Roman „Vier Kristalle“ und verhalf mir oft, den roten Faden in der verschachtelten Geschichte nicht zu verlieren. Ende letzter Woche beendete ich nun meinen (hoffentlich) letzten Überarbeitungszyklus – es galt, einen letzten logischen Fehler auszumerzen.

Da musste ich doch glatt einmal diese Übersicht hervorholen, um mir anzuschauen, wie alles einmal begonnen hatte. Manche Idee darauf veränderte sich im Laufe des Schreibens – das ist für mich mit das Spannendste daran: wie entwickelt sich die Geschichte, um zum geplanten Ende zu kommen? Und bleibt das Ende wirklich so, wie man es sich anfangs überlegt hat?

 

Nun, vom ersten Entwurf bis zur fertigen Roman veränderte sich meine Geschichte doch enorm, gewann deutlich an Tiefe, an Gesicht, an Charakter. Entwickelte sich mehr und mehr zu einer eigenen Welt. Die nun nach einer Fortsetzung verlangt. Ich bin stolz darauf, es doch bis zu dem Wörtchen „Ende“ geschafft zu haben – wo doch die Idee und die ersten Skizzen nun schon 15 Jahre zurück liegen.

 

Teil II soll definitiv nicht so lange dauern 🙂 Die ersten Seiten sind schon geschrieben – nun mit viel mehr Reife, Erfahrung und deutlich tieferer Vorplanung vor dem ersten verfassten Wort.

 

So ein buntes Bildchen mit der erforderlichen Detailtiefe muss ich allerdings noch malen 🙂

 

P.S. Das Bildchen habe ich natürlich unscharf gemacht, damit hier nicht zu viel verraten wird 😉

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil IV

Was bisher geschah:

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil I

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil II

Mrs. Grudge und das rote Kleid – Teil III

 

Was geschah wohl als nächstes?, fragte sich Nicole. Bisher lief bei Mrs. G alles so bilderbuchmäßig, das konnte njcht ewig zu weitergehen…

 

Bei ihrer ersten Modeschau, auf der ihre besten Stücke präsentiert wurden, saß Gregor in der ersten Reihe. Ihre Schwester war nicht mit dabei. Sie sei verhindert, sagte sie. Am Wochenende darauf – der erste Advent stand vor der Tür – offenbarte sich Mrs. G der wahre Grund: Marie präsentierte ihr ein Ultraschallbild. Sie würde ihr erstes Kind bekommen. Nach der Verkündung verschwand Marie auf dem Klo.

Das Bild versetzte Mrs. G in unerwartete Schockstarre. Marie hatte soeben erst die Schule beendet – und erwartete ihr erstes Kind! Mrs. G war immer davon ausgegangen, dass die Bekanntgabe des ersten Enkelkindes ihr als ältere Schwester zustand. Doch nun kreisten die Eltern nur noch um klein Marie herum, der die Übelkeit deutlich ins Gesicht geschrieben stand.

Mrs. G wurde Tante – doch verspürte keine große Freude darüber. Stattdessen fühlte sie sich plötzlich alt. Am Abend stand sie in ihrem Nähzimmer und stierte auf das rote Kleid, das nun von einer menschengroßen Holzpuppe getragen wurde. Wenn ihr erstes Kind ein Mädchen werden würde, dann würde sie ihrer Tochter dieses Kleid nähen.

Doch wann würde sie schwanger werden? Im Gegensatz zu ihrer naiven Schwester wollte Mrs. G zunächst ihre Ausbildung beenden und auch Gregor würde ganz sicher nicht vor seiner Examensprüfung die ersten Windeln wechseln wollen. Und eigentlich wartete vorher auch noch der Verlobungsring!

Das waren für den Moment zu viele unklare Gedanken, befand Mrs. G und beließ es erst einmal dabei, dass nun doch zuerst Maries Bauch zuerst wachsen würde. Zart strich sie über den noch immer leuchtenden Stoff ihres roten Kleides. Sie war dennoch glücklich – und überzeugt davon, dass ihr Lebensweg deutlich mehr Zufriedenheit brachte als der unüberlegte ihrer kleinen Schwester. Sie und Gregor würden sich zuerst etwas Vernünftiges aufbauen! Dann konnte man das Kinderkriegen auch viel mehr genießen! Marie würde ja nicht mal wirklich in der Lage sein, ihrem Kind ein ordentliches Kuscheltier zu kaufen.

Und das Bäuchlein wuchs. Und Mrs. Gudges Mappe erfolgreicher Entwürfe wuchs ebenfalls. Mittlerweile saß sie abends oft länger an der Nähmaschine als Gregor in der Bank. Er war genervt. „Muss ich mich jetzt als Wollknäuel verkleiden, damit du mich wieder mehr beachtest?“, fragte er gekränkt.

„Nach Abschluss diesen Semesters wird es ruhiger, versprochen“, entgegnete sie und spürte seinen scharfen Blick im Rücken. Ihre Entwürfe wurden um die Taille herum immer schlanker.

 

Nicole atmete tief durch, während sie die warmen Tabletts voller exquisitem Business Class Essen in den Wagen schob. Sie konnte Mrs. G da sehr gut verstehen – erst einmal eine finanzielle Grundlage zu schaffen, war definitiv eine vernünftige Basis für ein Kind! Doch sie hatte den Eindruck, dass Mrs. G dabei war, ihre Gedanken und ihre Gefühle von etwas abzulenken, das sie nicht in ihr Herz lassen wollte – aus Angst, dass es zu sehr schmerzte. Leider schloss sie dadurch auch andere mehr und mehr aus, ohne dass sie es bewusst wahrnahm.

Aus der Economy Class erklang ein meckerndes Kind – das Mädchen beschwerte sich lauthals, dass ihr langweilig war. Ihre Mutter flüsterte ihr daraufhin sicherlich zu, dass es gleich etwas Kleines zu essen gäbe, um ihre Tochter zu besänftigen. Nicoles Blick huschte zu Mrs. G. Deren Blick war voller Konzentration auf die Wörter in ihrem Buch gerichtet, doch auf der Stirn war ein leichtes Runzeln zu erkennen. Dann atmete sie einmal tief durch – das erste klare Lebenszeichen der alten Dame, das Nicole seit dem Abheben wahrnehmen konnte.

Offensichtlich lenkte die Mädchenstimme Mrs. G von ihrem Buch ab. Was ihr wohl durch den Kopf gingen? Welche Erinnerungen dadurch womöglich hervor kamen? Nicole begann das Essen zu verteilen.

 

Fortsetzung folgt…